Lillehammer und Oslo
Am nächsten Tag legten wir die restliche Strecke bis Lillehammer zurück. Wieder vorbei an Trondheim befuhren wir die uns aus 2001 bekannte Strecke durch das malerische Gudbrandstal, eines der schönsten Norwegens, wir hielten hier und da mal an und kamen erst nach 18 Uhr an der Ringebu Stabkirche an. Wie bei unserem ersten Besuch damals wieder zu spät um die Kirche von Innen zu sehen. Na ja vielleicht beim nächsten Mal. Wie schon im Jahr 2001 wollten wir auf den Parkplätzen bei den Olympiaschanzen Lillehammer übernachten. Das scheint kein Geheimtipp mehr zu sein, denn es standen diesmal schon 6 oder 8 Womos da. Nach der langen Fahrt stiefelten wir noch bei den Schanzen herum und ehe man sichs versieht ist man die ganzen Stufen hochgestiegen und hat die tolle Aussicht auf Lillehammer (es führt auch eine Straße hintenrum hoch). Ist schon toll wenn man auf der ganzen Anlage einfach so rumlaufen kann. Beim Abendessen genossen wir die tolle Sicht auf die Stadt und die Abendsonne.
Am Morgen begann das Trainig der Skispringer auf der Schanze. Wir fuhren runter in die Stadt zum Freilichtmuseum Maihaugen (Eintritt 100 NOK) was wir letztes mal noch nicht gesehen hatten. Maihaugen ist eines der größten und bedeutendsten Freilichtmuseen Norwegens, zusammen mit dem auf der Bygedøy in Oslo. Von Freilichtmuseen verstehen die Skandinavier was, wie schon in Schweden und anderswo in Norwegen ist dieses hier auch ausgezeichnet aufbereitet und präsentiert. Zum Anfang besuchten wir „die Stadt“, das sind Häuser aus Lillehammer und Umgebung. Diese repräsentieren eine Hauptstraße einer Stadt um 1900, mit Geschäften, Post, Apotheke, Bahnhof usw. Dann schauten wir einige Häuser aus verschiedenen Epochen an. Es handelt sich um original eingerichtete Wohnhäuser die andernorts abgetragen und mit allem Inventar in Maihaugen genauso wiederaufgebaut wurden. Häuser aus den 1920er, 30er, 50er, 70er, 80er, 90er und 2000er Jahren. Es sind täglich nicht alle Häuser offen, das wechselt sich ab. Im Haus wird man von Studenten oder original gekleideteten „Bewohnern“ erwartet, denen man getrost Fragen stellen kann. Das alles hat uns schon total beeindruckt, vor allem wie vorbildlich alles gepflegt und in Schuss ist, super. Weiter gings durch Bauernhöfe mehrerer Epochen. Sehr toll auch „das Dorf“, eine vollständige Siedlung des Gudbrandstales mit Kirche, Schule, Fischerhütten und der Bjørnstad Hof, einem vollständig erhalten Hof des 18. Jh. mit insgesamt 27 Gebäuden. Die Bauernhöfe sind in Maihaugen wieder aufgebaut worden und werden tagsüber abwechselnd bewohnt und bewirtschaftet. Vervollständigt wird das noch mit einer Stabkirche aus dem 13. Jh. Man kann echt viel Zeit in der Anlage verbringen, das denkt man vorher nicht. Wie gesagt alles sehr gut, stimmig und ursprünglich präsentiert.
Danach legten wir noch die Strecke nach Oslo zurück, erst über die E 6, dann über RV 35 zur E 16. Wir wollten die City-Maut in Oslo umgehen und uns von Westen über Nebenstraßen zum Holmenkollen „durchkämpfen“. Über die E 6 von Osten muss man sehr zeitig schon Maut bezahlen. Wir bogen also in Bærum von der E 16 ab und folgten den größeren Straßen bis wir auch tatsächlich auf den Holmenkollenvej stießen. Alternativ bietet sich auch Bogstad Camping zum Übernachten an, war aber verhältnismäßig teuer und hätten wir gemacht wenn wir keinen anderen Platz gefunden hätten. Da wir ja schonmal auf dem Holmenkollen waren wussten wir das es ein großzügiges Gelände war. Auf den großen Parkplätzen oberhalb der Schanze beim Fernsehturm standen auch schon eine Handvoll Womos. Ich hatte gleich gegenüber der Schanze einen Parkfleck entdeckt, das Parken war sogar für max. 48 h erlaubt und deshalb blieben wir da. Es bietet sich bei schöner Abendsonne von dort ein unbezahlbarer Blick auf Oslo. Inzwischen wurde die traditionelle Holmenkollen-Schanze abgerissen (Anfang 2009) um einen Neubau für die Ski-WM 2011 zu errichten. Einen Besuch der Schanze und des Museums unternahmen wir schon 2001. Bis hierhin fiel keine Maut an, bei gleicher Rückfahrt zur E 16 und weiter E 18 nach Drammen und Kristiansand kommt man ohne City-Maut durch Oslo.
Diesen Tag blieb das Womo mal stehen, 0 km gefahren. Wir liefen zur Bahnstation Holmenkollen (T1) und kauften eine Tageskarte (60 NOK, Einzelfahrt 22 NOK). Entgegen Meinungen die wir hörten gilt die Tageskarte auch für die Linienschiffe nach Bygedøy, die gehören auch zum Verkehrsverbund. Wenn man dorthin rüber und wieder zurück fährt plus eine Fahrt in die Stadt hat man den Ticketpreis schon wieder raus. Vom Anleger am Rathaus fuhren wir auch gleich rüber nach Bygedøy, das ist eine Art Museumshalbinsel. Dort besuchten wir das Fram Polarschiff-Museum (50 NOK). Das berühmte norwegische Expeditionsschiff trug maßgeblich zur Erforschung des Nordpols, Grönlands und der Eroberung des Südpols unter Roald Amundsen bei. Man kann das Schiff vom Steuerrad bis zum Lagerraum tief im Schiff erkunden und besichtigen. Ergänzt wird die Ausstellung mit Ausrüstungsgegenständen, Fotos, Kleidung und Tierpräparaten. Unweit der Fram befindet sich das Wikingerschiffsmuseum. Da unser Kleiner ein Nickerchen machte besuchten wir das Museum abwechslend mit einer Karte (50 NOK). Es beherbergt bedeutende Schiffs- und Grabfunde aus der Wikingerepoche. Das Osebergschiff ist das am besten erhaltene Ausstellungsstück, es wurde in einem Grabhügel mit vielen Grabbeigaben gefunden. In ihm muss ein Herrscher oder König bestattet worden sein. Die anderen Schiffe sind weniger gut erhalten, interessant waren dagegen die zahlreichen Gebrauchsgegenstände die im Inneren gefunden wurden. Auf Bygedøy gibt es außer dem noch das Kon-Tiki Museum und das Norsk Folkemuseum (großes Freilichtmuseum) die wir aber nicht besichtigten. Wieder mit dem Schiff ging es zurück zum Rathaus.
Das Rathaus aus rotem Backstein wurde 1950 eingeweiht, das Wandgemälde in der Eingangshalle zeigt das „Volk bei Fest und Arbeit“. In die Eingangshalle kann man kostenlos einen Blick werfen, weitere Besichtigung kostet Eintritt. Im Foyer des Rathauses findet jährlich die Verleihung des Friedensnobelpreises statt. Am Ende des Boulevards Karl Johans Gate erhebt sich das königliche Schloss, bewacht von der königlichen Garde. Eher eine kleine Anlage - verglichen mit anderen - und die Garde ist auch sehr entspannt beim Bewachen. Für Fotos mit Ihnen stehen sie gerne zur Verfügung und lächeln sogar. Der Schlosspark auf der Rückseite steht der Öffentlichkeit zur Verfügung, man sonnt sich dort auf den Rasenflächen. Das steht glaube ich auch für das allgemeine Verhältnis von Königshaus und Bevölkerung in Norwegen. Wir bummelten anschließend am Storting, dem Parlamentsgebäude vorbei und durch die Einkaufsstraßen. Später besuchten wir die neue Osloer Oper die scheinbar aus dem Hafen auftaucht. Sie wurde im April 2008 eingeweiht. Über die lange Schräge kann man ihr aufs Dach steigen und auch das Foyer kann man sich ansehen (schöne Toiletten ;-)). Ein schönes Stück Architektur. Um die Tageskarte zu nutzen fuhren wir noch etwas Straßenbahn und Bus bis Aker Brygge. Dort spielt sich das abendliche Leben ab. Das runtergekommene Viertel wurde restauriert und es finden sich dort zahlreiche Restaurants und Bars. Eines muss man den Norwegeren auch lassen,sie sind einiges gewöhnt an Wind und Wetter. Abends bei dem Wind würden wir uns nicht raussetzten auf die Terrassen oder Biergärten, zumindest aber ordentlich was anziehen. Die Osloer aber sitzen da im T-Shirt und genießen den Abend. Wir fuhren schließlich zurück zum Holmenkollen und genossen noch die schöne Sicht auf die Stadt.
Wir fuhren wie gesagt die selbe Strecke raus aus Oslo wir rein - ohne Maut und legten die Strecke bis Kristiansand zurück, es zog sich aber bis in den frühen Nachmittag hin - hier viel Verkehr. Wir machten einen Stadtbummel, modernes Zentrum mit großzügigen Fußgängerzonen, Festungsanlage am Wasser. Anschließend gaben wir das letzte Geld für Lebensmittel aus und fuhren raus zur Batterie Vara (Richtung Møvik fahren, dann Beschilderung Kanonenmuseum). Diese Geschützstellung ist das Gegenstück zu der in Hanstholm. Sie diente der Überwachung des Skagerrak im Zweiten Weltkrieg. Hier ist im Gegensatz zu Hanstholm aber noch der komplette Geschützturm mit Kanonenrohr erhalten und montiert. Es war wieder gegen 18 Uhr und eigentlich schon geschlossen. Einer der Verantwortlichen sprach mich an ob ich nicht später noch rein wollte, seine Truppe arbeitete abends noch da und ich könnte mich ruhig umsehen. Gesagt getan, im Unterschied zu Hanstholm ist die Batterie Vara kein staatliches Museum mit entsprechenden Mitteln, sondern wird von einem Verein betrieben und instandgehalten. Dieser ist natürlich auf die Eintrittsgelder und Spenden besonders angewiesen. Mit den Bauarbeiten für die Stellungen wurde 1941 begonnen und mit Hunderten von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen vorangetrieben. Es wurden 600 Soldaten für den Betrieb der Anlage stationiert. Die Kanonen gaben allerdings nur Probeschüsse ab, sie waren nie im Kampfeinsatz. Das 110 Tonnen schwere Rohr für die Kanone #1 wurde bei der Anlieferung im Februar 1945 auf See versenkt, man sieht nur den Betonüberbau mit 4 m dicken Decken und Wänden. Das Gelände war nach dem Krieg bis Anfang der 1990er Jahre unter NATO Verwaltung der norwegischen Armee und deshalb wurden die technischen Anlagen gewartet und instandgehalten. Das Dieselstromaggregat dient auch heute noch zur Stromerzeugung für das Museum. Das Areal diente als Material- und Munitionslager. Der Verein verkauft noch Reste dieser Aurüstung aber auch original deutsche Karabiner und Orden. Die Bunkerräume sind mit erklärenden Tafeln und Fotos ausgestattet, einige Waffen, Kartuschen und Granaten sowie das dazughörige Werkzeug ist zu sehen. Aufenthaltsraum und Toiletten sind fast original eingerichtet. In den Geschützturm kann man reinklettern und man findet dort alles was zum Betrieb notwendig war. Einige Bunker und Stellungen liegen noch versteckt auf dem Gelände, mit entsprechend Zeit kann man das sicher alles erkunden. Ich bin kein Militärjunkie oder sonst ein Verherrlicher dieses Systems aber es führt einem anschaulich den Wahnsinn dieser Befestigungsanlage vor Augen, was für irrsinnige Mengen von Material und Geld das verschlungen hat, von den Menschen mal ganz zu schweigen, und dann zieht sich der Atlantikwall ja runter bis Frankreich.
Gegen 6 Uhr brachen wir zum Fährhafen Kristiansand auf, Abfahrtszeit 7:30 Uhr. Es war ein ganz schönes Gedränge weil die Colorline etwas später auch auslief. Die Ordner lotsten die „dringenden Fälle“ schnell zur Fjordline, wieder rückwärts einparken aufgrund unserer Höhe und schon gings los. Die Fähre legte 15 min früher ab, der Kapitän wusste sicher schon das heftige See zu erwarten war. So musste das Schiff auch einen Ausweichkurs fahren um die Wellen nicht frontal zu haben. Bloss gut das wir noch nichts gefrühstückt hatten, bei manchen Passagieren kam das Essen wieder zum Vorschein. Auch uns wurde ein wenig flau im Magen, da hilft nur stur einen Punkt im Schiff anstarren und hoffen das man so halbwegs davon kommt. Wir legten auch eine halbe Stunde verspätet in Hanstholm an. Mit Verlassen des Schiffes war das flaue Gefühl auch schlagartig verschwunden. Oberhalb vom Hafen gibt es einen Parkplatz, dort machten wir erstmal Frühstückspause. Das erneute Laden ging auch zügig, sodass die Fjord Cat nur mit geringer Verspätung wieder nach Kristiansand ablegen konnte. Nach Tanken starteten wir Richtung Heimat. Den halben Tag fuhren wir im Regen und kamen zu Hause gegen 23 Uhr wieder an.