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Russland

Kaliningrad

Ein herzliches привет aus Kaliningrad - angekommen, nach - für uns - ungewohnter Grenzprozedur. Zuletzt führte eine einsame, aber gut ausgebaute Straße von der verkehrsreichen polnischen Stadt Elbląg Richtung Grenzübergang Grzechotki-Mamonovo. Danach war der Weg nach Kaliningrad leicht zu finden.

Nun waren wir also in Kaliningrad sowie St. Petersburg und es hat uns sehr gut gefallen. Es ist anders, aber interessant. Wir fühlten uns überall sicher und willkommen. Die Menschen, denen wir begegnet sind, waren in der Regel freundlich und interessiert daran, wo man herkommt. Sie versuchten zu helfen, auch wenn Sie kein Wort verstanden - waren erfreut, wenn man ein paar Worte Russisch konnte. Unser lange verstaubtes Schulrussisch erfuhr somit eine Wiederbelebung. Im normalen Sprachgebrauch versteht man aber wenig. Es hilft jedoch ungemein, wenn man das kyrillische Alphabet beherrscht und sich somit Sachen erlesen kann. Manches erschließt sich alleine daraus oder es kommt aus der Erinnerung wieder.

Im Grunde leben die Menschen dort auch nur ihr Leben. Die Politik spielt bei den meisten eben auch nur eine untergeordnete Rolle, in etwa so wie bei uns. Man hat zu tun seinen Lebensstandard zu halten oder zu verbessern. Und so müssen wir das auch aus dem fernen „Westen“ betrachten. Es steht uns einfach nicht zu, sich über die inneren Angelegenheiten Russlands auszulassen oder sich über sie zu erheben. Die Menschen wählen die Leute, von denen sie sich das beste erhoffen. Vor allem darf man nicht den Fehler machen, sich in irgendeiner Weise überlegen oder überheblich zu zeigen. Dieses Verhalten konnten gerade wir als Ostdeutsche schon lange Zeit studieren und so wie es bei uns zu Ablehnung führte, so auch nicht anders in Russland.

Moskovskiy Prospekt Kaliningrad

Kaliningrad ist die Hauptstadt der gleichnamigen russischen Provinz (Exklave) an der Ostsee zwischen Polen und Litauen, das ehemalige deutsche Königsberg. Dort angekommen, steckten wir mitten im nachmittäglichen Berufsverkehr. Es ist unglaublich was zur Feierabendzeit alles unterwegs ist. Wer kein Auto fährt, der eilt zu einem Trolleybus (Oberleitungsbus) oder Minibus, die im Minutentakt an einem vorbeifahren. Es ist für unsere heimatlichen Verhältnisse mittlerweile ungewöhnlich zu sehen, was für Leben und Trubel auf den Straßen herrschen kann. Jede Menge Kioske mit dem täglichen Bedarf an vielen der Haltestellen, um sich so noch schnell mit dem nötigsten zu versorgen.

Kaliningrad Kino-Theater Karo Film

Unser Hotel war dank GPS auch schnell gefunden - kürzlich renovierter Bau im östlichen Teil Kaliningrads, als Hotel gut hergerichtet, wenn auch mit Abstrichen. Man darf keine deutschen Maßstäbe anwenden, es fehlen Steckdosen dort wo eine Lampe steht, Warm- und Kaltwasser an der Badarmatur sind vertauscht – solche Sachen. So nehmen wie es ist. Unweit unseres Quartiers lag eine Art Markthalle mit jeder Menge kleinen und größeren Einkaufsmöglichkeiten. Am Geldautomaten besorgten wir uns zuerst Bargeld. Hierbei ist zu erwähnen, dass deutsche Giro-Karten (EC-Karten) nicht mehr das Maestro System für den weltweiten Bargeldbezug unterstützen, sondern das V-Pay System, welches nur innerhalb der EU gilt. Gut das wir die Kreditkarte und vor allem die PIN dafür dabeihatten, sonst bekäme man kein Geld. Der Automat der Sberbank rückte nur max. 7000 Rubel (etwa 100 €) heraus. Damit kommt man nicht weit. Die Rubel rollten ja nur so aus dem Portmonee - wie wir spätestens in St. Petersburg bemerkten. Viele kleine Sachen sind zu bezahlen, es summiert sich. Um mehr Bargeld abzuheben, sollte man also nach anderen Bankautomaten Ausschau halten. Wir bekamen z.B. bei der russischen Raiffeisenbank die Höchstgrenze von 20.000 Rubel ausgezahlt. Als wir das erledigt hatten, brauchten wir noch was zu Essen. Da standen wir nun erstmal etwas verloren in der großen Markthalle. Alles russisch. Wir brauchten einen Moment um uns zu sammeln. An einem Imbiss entdeckten wir schließlich die Speisen auf bunten Bildern. Sie wollten schon schließen, hatten in ihren Töpfen aber noch Suppen auf dem Herd. So war unser erstes russisches Essen die uns gut vertraute Soljanka und Lagman, eine Art Fleischtopf - dazu Fladenbrot und der Hunger war gestillt.

Markthalle in Kaliningrad

Was auch sofort beim Hotel auffiel, es gibt fast an jeder Ecke einen kleinen Laden, entweder die Kioske an den Bushaltestellen für Brot, Milch, Butter, Käse etc. oder die kleinen проду́кты (Lebensmittel) Läden unten in fast jedem zweiten Häuserblock - das wichtigste für den Tag, das schnelle Bier für den Feierabend oder auch Eis. Wir haben viele der russischen Eissorten probiert, cremig und zart, sehr zu empfehlen. Wenn man was kaufen wollte, gingen die meisten erst davon aus, dass man russisch spricht, wir wurden nicht sofort als Tourist identifiziert. Dafür kommen wohl zu wenige her.

Eckladen für Lebensmittel in Kaliningrad

Wir haben uns am Folgetag in der Stadt umgesehen und sind viel gelaufen. Das Auto blieb stehen. Es hätte auch viel zu lange gedauert aus der Stadt rauszufahren und wieder zurück. Wir liefen den großen Moskauer Prospekt Richtung Zentrum. Reste der alten Stadtmauer und der Stadttore kann man z.B. auch als Wanderweg ablaufen. Wir saugten die Eindrücke auf. Aufgrund der Zerstörung im 2. Weltkrieg gibt es viel nüchterne Betonarchitektur, Plattenbauten - renoviert oder alt. Davor stehen meist Autos aus westlicher Produktion. Einen Lada sieht man eher selten, da wird lieber ein altes (20 Jahre+) westeuropäisches Fabrikat gekauft als ein neuer Lada. Dafür sind die Transportfahrzeuge, LKW, Busse etc. fast ausschließlich aus russischer Produktion. Um die Ecke befindet sich dann gleich das noble Hotel, bestes Haus am Platz - der Gegensatz könnte nicht krasser sein. Nur gut 600 Kilometer von Berlin entfernt und doch eine andere Welt.

Kriegsmahnmal Torpedoboot in Kaliningrad, dahinter das Rätehaus

Viel Altes gibt es nicht mehr in Kaliningrad, außer dem Dom. Wir steuerten die Dominsel inmitten der beiden Flussarme der Pregel an. Kurz zuvor passierten wir ein als Denkmal aufgestelltes Torpedoboot aus dem Krieg, frisch renoviert. Wie viele andere Mahnmale an den Krieg, werden sie immer gut gepflegt und frische Blumen findet man als Ehrung für gefallene Soldaten fast immer vor. Der Königsberger Dom steht als einziges restauriertes Gebäude auf der Kneiphof Insel im Fluss. Wenn man sich dort ausgestellte alte Fotos betrachtet, kann man sich nur schwer vorstellen, dass ein ganzes Stadtviertel mit mehreren geschäftigen Straßen und die Universität einst den Dom umgaben. Einige Verkaufsstände für Souvenirs und fliegende Händler nutzen den Platz vor dem Dom für ihre Angebote an die Touristen. An der Rückseite des Doms findet man das Grab von Imanuel Kant. Der Philosoph studierte und lehrte später an der Universität Königsbergs. Über die verkehrsreiche große Brücke verließen wir wieder die Dominsel und erreichten den zentralen Platz mit dem Haus des Sowjets. Ein schnöder Betonbau, der wohl eine Bauruine ist und nicht genutzt wird. Dort stand vor der Zerstörung das Königsberger Schloss. Eine Ausgrabung der Grundmauern des Schlosses findet man vor. Zu Zeiten der Fußball-WM 2018 war auf dem Platz die Fanmeile eingerichtet.

Königsberger Dom Kaliningrad

Im Anschluss umrundeten wir den Schlossteich und erreichten über ein paar Nebenstraßen das Hotel Kaliningrad für einen späten Mittagsimbiss auf der Terrasse. Schließlich bummelten wir den Lenin Prospekt entlang, bis zum Siegesplatz mit der schon von weiten goldig schimmernden russisch-orthodoxen Christ-Erlöser-Kathedrale. Leider war sie nicht geöffnet. Später nahmen wir ein Taxi zurück zum Hotel. Der Preis für die Fahrt war überraschend günstig.

Siegesplatz - Ploschad Pobedy mit Christ-Erlöserkathedrale Kaliningrad

Unweit des Hotels wurde am Fluss das neue Stadion für die Fußball-WM 2018 errichtet. Drumherum eine Menge neue Straßen und eine große Brücke. Leider endete die neue Umgehungsstraße nach wenigen Kilometern schon wieder und wir standen bei unserem Weg aus der Stadt erstmal im Stau. Schließlich erreichten wir den Badeort Selenogradsk und kurz darauf die Kurische Nehrung. Diese schmale Halbinsel erstreckt sich auf gut 90 km Länge bis Klaipėda (Memel) in Litauen und trennt das Kurische Haff von der Ostsee. Als Naturschutzgebiet ist bei Befahren auf russischer Seite eine Gebühr von 600 Rubel (8 €) zu zahlen. Nach Grenzübertritt nach Litauen ist direkt an der Grenze die litauische Naturschutzabgabe von 20 € pro PKW zu zahlen. Noch auf russischer Seite stoppten wir kurz vor der Grenze auf einem großen Parkplatz. Eine ganze Menge Souvenirhändler, Imbissbuden und ein kleine improvisierte überdachte Shoppingmall erwarten einen auf dem Weg zur Düne. Ein Naturpfad führt durch den Kiefernwald und hinauf zu einem Aussichtspunkt auf die Düne Efa. Sie ist demnach die höchste Düne (62 m) auf der Kurischen Nehrung. Die Große Düne bei Nidden, auch Parnidis Düne, ist die größte auf der Nehrung und sogar eine der größten Wanderdünen Europas, die zweitgrößte nach der Dune du Pilat in Frankreich.

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